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Christian Knoll

Christian Knoll

Managing Partner

christian.knoll@stackofstones.de

Gut war der Ruf von Callcentern nie. Die telefonischen Drückerkolonnen der 1990er haben an diesem Ruf hart gearbeitet. Der Niedriglohn zementiert diese Sicht. Jeder Bewerber muss erst von seinem neuen Arbeitsplatz überzeugt werden. 

Call-Center Betreiber sind daher Profis der Selbstdarstellung. Sie sind Spürhunde für kostengünstige Wohlfühl-Optimierungen im Büro. Kickertische, kostenloser Kaffee und Obstkörbe gehören zu den typischen Maßnahmen. Sogar die Büromassage ist nicht unüblich. 

Doch die hippste Internetseite, das beste Recruitment-Team und die toll designte Pausenraum-Lounge ändern nichts an der fatalen Lage der Call-Center. Es fehlt das Personal. Wie in so vielen Branchen.

https://www.welt.de/debatte/kommentare/article239781319/Der-Arbeitermangel-offenbart-Deutschlands-Reformbedarf.html

Der Personalmangel ist akut

Die Aufträge sind da. Seit über zwanzig Jahren steigt die Anzahl der Kundenkontakte, die pro Endkunden-Umsatzeinheit zu bewältigen sind. Die Kunden suchen individuelle Lösungen, Erklärungen und Hilfe für die immer komplexeren Produkte. Nur bezahlen wollen sie diesen Service rund um das eigentliche Produkt nicht.

Den Auftraggebern der großen Call-Center bleibt nichts anderes übrig, als ihre Dienstleister zur maximalen Kosteneffizienz zu führen. Diesen Kostendruck gibt das Call-Center an seine Mitarbeiter weiter. Doch der Markt an der Grenze zum Mindestlohn scheint wie leergefegt.

„Wir sind die Schakale des Arbeitsmarktes“ formuliert es ein Centerleiter im Gespräch. Erst wenn alle anderen Branchen gesättigt sind, kann das Call-Center seine Ränge füllen. 

https://www.br.de/nachrichten/bayern/flughafen-gastronomie-und-minijob-was-ist-die-ursache-des-derzeitigen-personalmangels,TAsVXgb

Zu viel zum Sterben

Hohe Arbeitslosigkeitszahlen sind daher immer ein Zeichen für rosige Zeiten in der Call-Center-Branche. Viele Manager hoffen fast auf die nächste Wirtschaftskrise. 

Wohl wissend, dass neue Mindestlohnrunden die Kosten heben und ein nachlassender Konsum im selben Augenblick die Auftragslage wieder verschlechtert.

https://www.callcenterprofi.de/branchennews/detailseite/call-center-verband-uebt-kritik-an-plaenen-zur-mindestlohnerhoehung-20227258/

Der Konkurrenzdruck zwischen den multinationalen Customer-Care-Konzernen und immer neuen engagierten Service-Dienstleistern ist enorm. Er wird meist über den Preis entschieden. Das führt zu gruseligen Konsequenzen. 

Die Mitarbeiter sind kaum noch zu halten. Der durch leistungsabhängige Bezahlung zu hoher Produktivität trainierte Top-Mitarbeiter am Telefon kann seine Alltagskosten mit seinem Gehalt gerade noch decken. 

Schwächere Mitarbeiter und die zum Festlohn eingestellten Führungskräfte sind schon jetzt oft in einer traurigen Situation, in der sie Ende des Monats überlegen, ob sie sich ihren Lebensmitteleinkauf noch leisten können. 

Die Tatsache, dass viele Callcenter in strukturschwachen und ländlichen Gebieten angesiedelt sind, verschlechtern die Situation durch gestiegene Benzinkosten und damit den Preis des Arbeitsweges dramatisch. Theoretisch kann eine Verlagerung hin zu mehr Homeoffice diese Kosten verringern. Doch die hohen Anforderungen des Datenschutzes machen es oftmals schwer, die wunderbare Welt der Heimarbeit umzusetzen. Ohne räumlich abgeschlossenes Büro, kein Umgang mit Kundendaten. Und nicht immer sind die Mitarbeiter, die gerne mehr im Homeoffice arbeiten wollen, auch dazu geeignet. Oft mehren sich die sozialen Herausforderungen. Ein Büro ist auch eine Gemeinschaft, sie bedeutet zwischenmenschlichen Austausch und soziale Kontakte. Und wenigstens zieht man eine saubere Hose an. 

Fluktuation im Overhead

Das verstärkt den Trend, auch für die Führungskräfte, die Branche zu wechseln. Ob Tourismus, Restaurants oder Pflege. Für so manchen Callcenter-Teamleiter werden, ansonsten unbeliebte Sparten, immer attraktiver.

Teamleiter im Callcenter wird man inzwischen schlicht, in dem man die Branche nicht wechselt. Irgendwann ist man der alte Hase und die natürliche Wahl.

Die steigende Führungskräfte-Fluktuation macht die Ausbildung der neuen Vorgesetzten immer unrentabler.

Leere Ruderbänke

Die Konsequenzen sind beachtlich. Die Mitarbeiterfluktuation am Telefon ist bei manchen Dienstleistern jährlich nahe 100 %. Daher hat das Center ständig Hunger nach neuen, frischen Mitarbeitern.

Die Krankenquote der Branche ist dauerhaft weit über dem Bundesdurchschnitt. Kurzfristig scheint eine hohe Home-Office-Quote zu helfen, die Krankenquote zu drücken. 

Im deutschen Depressionsatlas zählt die Callcenter-Branche seit Jahren zu den Spitzenreitern mit psychisch bedingten Ausfalltagen. 

Dies ist nicht nur ein Resultat der stressigen Arbeit. Es ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass Vorerkrankungen, Gefängnisaufenthalte oder andere Punkte, die für die meisten Firmen einen Bewerber unattraktiv machen, in der Callcenter Branche kein Einstellungshindernis sind. 

„Wir können nicht auswählen. Wir müssen schlicht jeden Bewerber nehmen, den wir kriegen können. Das ist die Realität.“ fasst es ein Personaler schulterzuckend zusammen.  

Daher sammeln sich im Callcenter immer mehr prekäre Lebensläufe. Mitarbeiter mit schweren chronischen Erkrankungen sind alltäglich. Callcenter sind am Arbeitsmarkt letzte Chance für die Chancenlosen.

Die Auftraggeber greifen ein

Das sorgt dafür, dass die Auftraggeber immer massiver gegensteuern müssen. Sie greifen immer tiefer in die Steuerung der Projekte ein. Sie steuern Teamleiter und Coaches direkt und bilden selbst die Mitarbeiter aus. 

Die Callcenter werden immer mehr ihrer Kernkompetenzen, der Sicherung der Servicequalität, beraubt. Sie sind Personaldienstleister der Auftraggeber. Nicht mehr. Nicht weniger. 

Nahe der Küste 

Die heißeste Lösung für die mangelnden Bewerberzahlen ist dieselbe Lösung, auf die auch Großschlachtereien und Spargelbauern gekommen sind: Arbeiter aus ärmeren europäischen Regionen, die bereit sind, den Job zu machen.

„NearShore“ heißt dieser Trend. Nur, dass nicht der Arbeiter zum Arbeitsplatz transportiert wird, sondern die Wachstumsreserven durch Eröffnung von Callcentern in Bulgarien, dem Kosovo oder in anderen Regionen realisiert werden. Genügend deutschsprachige Bewerber scheint es zu geben.

Steigende Komplexität

Gleichzeitig ist die Komplexität, der Auftraggeber Systeme (CRM) und der Prozesse immer größer geworden. Die individuellen Anforderungen an die Mitarbeiter sind daher deutlich gestiegen. 

Auch der kommunikative Kontakt mit dem Kunden ist anders als vor Jahren. Der Ton wird rauer. Die Zahlungsprobleme der Konsumenten häufen sich. Die Lunte ist schlicht ist bei vielen Kunden deutlich kürzer geworden.

Mr. Bot, übernehmen Sie!

Die Konsequenz dieses Trends möchte die Branche nicht wahrhaben, doch sie ist unausweichlich: 

Der Zeitpunkt, an dem die Bots den schlechten Service immer noch besser erledigen können als die menschlichen Kollegen, rückt immer näher. 

https://marketing-resultant.de/omnichannel-contact-center-komplexitaet-pur/#/

StackofStones’ Abenteuer im Service-Land – Heute: Sche**-Service kann die Maschine besser!

Wenn die Chat-Branche die AI immer weiterentwickelt und am liebsten das Ende des Kundentelefonats einläuten möchte, so sind sie nur die Vorhut der totalen Digitalisierung des Kundenservice. 

https://www.liveperson.com/conversational-ai/

Wenn Google sich dafür feiert, dass unwissende Telefonmitarbeiter es nicht mehr merken, dass sie mit einer Maschine und nicht mit einem Kunden telefonieren – wenn selbst Entwickler der Illusion verfallen, die von ihnen entwickelte Service-Maschine habe eine Persönlichkeit und ein Bewusstsein entwickelt, dann beginnen die letzten Tage der bisherigen Callcenter Dienstleister.

https://www.heise.de/news/Chatbot-LaMDA-Hat-diese-Google-Software-wirklich-ein-Bewusstsein-entwickelt-7142599.html

Doch noch bietet die Situation echte Chancen für die Branche. Kleine und große Customer Care Spezialisten müssen unterschiedliche Strategien entwickeln. 

Werkbank Manufaktur 

Kleine Dienstleister können sich selbst unter dem Risiko von Umsatzverlust aus dem Klammergriff übermächtiger Auftraggeber lösen und viele kleine Omnichannel-Projekte mit höheren Stundensätzen intelligent bündeln. Sie müssen zu echten Service Experten für kleine und kleinste Unternehmen werden, die es sich leisten können. Wichtigste Position, um diese Strategie zu entwickeln ist dann der Key-Accounter, der den Auftraggeber kennt und weiß, was guter Service ist. 

BotTango

Große Dienstleister müssen ihren bisherigen Kurs, solange es geht, fortsetzen und ihre Kampfkassen füllen. Dies bietet ihnen die Chance, ihr Digitalisierungs-Know-How deutlich zu vertiefen. Es muss auf Gewinn verzichtet werden und in Wissen investiert werden. Neben den IT-Abteilungen müssen weitere Wissensressourcen geschaffen werden.

Digitalsierungsteams außerhalb der Linienverantwortlichkeiten müssen gebildet werden. Ausgestattet mit einem heißen Draht zu den Auftraggebern können sie Strategien und Pilotprojekte entwickeln, um die bestehende Telefonie weiter zu digitalisieren.

Kurzfristig nicht rentable, digitalisierte Leuchtturmprojekte sind das Lernfeld für das Personal der Zukunft. 

Die Kern-Fähigkeit wird für die Branche nicht die Beschaffung und Verwaltung von möglichst günstigen Bürokräften sein, sondern das Sammeln und Suchen von Spezialisten in einem neuen Tanz. Dem Mensch-Bot-Tango. 

So seltsam es sich anhört. Es ist besser, der Callcenter Dienstleister selbst arbeitet mit seinem Auftraggeber an der Rationalisierung des Call-Volumens, als dass die Auftraggeber dies ohne ihn tun.

Telefonisten zu Bot- und Kommunikations-Profis zu machen, die ihr eigenes AI-Team virtueller Mitarbeiter dauerhaft optimieren und nur dann in die Gespräche eingreifen, wenn die Maschine nicht weiterkommt, ist eine mögliche Zukunftsperspektive. 

Dabei ist es nicht entscheidend, ob die Gespräche per Telefon, Mail, Chat oder Messenger geführt werden.

Dienstleister, die es nicht schaffen, ihre Strategie anzupassen, werden den disruptiven Charakter der Digitalisierung ebenso erleben, wie die Katalogversandhändler, Banken und Kaufhäuser.

Vielen Dank an Pam, Anja und Heiko für die Gedanken und Anmerkungen.

Ein Beitrag von StackofStones. (c) 2014-2022

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